Welche Auswirkungen hat die „Side by Side-Regelung“ auf Pillar II?
Ungefähr 140 Staaten hatten sich im Jahr 2021 auf Initiative der OECD auf eine globale Mindestbesteuerung geeinigt, um es für große Unternehmen weniger attraktiv zu machen, ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verlagern. Dieser Vereinbarung (Inclusive Framework der OECD – Pillar II) zufolge soll ein weltweit einheitlicher Mindest-Steuersatz von 15 % für große Konzerne mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mindestens € 750 Millionen gelten. Dabei wird zunächst der Effektivsteuersatz sämtlicher in einem Staat ansässiger Geschäftseinheiten eines Konzerns ermittelt und mit dem Mindeststeuersatz von 15 % verglichen. Liegt in diesem Staat der Effektivsteuersatz unter dem Mindeststeuersatz, kann der Staat eine Nationale Ergänzungssteuer (NES) erheben, um die Mindestbesteuerung zu erreichen. Erhebt aber dieser Staat keine Ergänzungssteuer, soll jener Staat, in dem die Muttergesellschaft der niedrig besteuerten Geschäftseinheiten ansässig ist, die Primärergänzungssteuer (PES) erheben können. Wenn die betroffenen Staaten aber nicht (ausreichend) die Nationale Ergänzungssteuer (NES) und Primärergänzungssteuer (PES) erheben, um die Steuerbelastung von zumindest 15 % sicherzustellen, kann der verbleibende Steuerbetrag als Sekundärergänzungssteuer (SES) von jedem anderen Staat erhoben werden, in dem sich irgendeine Geschäftseinheiten der Unternehmensgruppe befinden.
Diese Vereinbarung des Inclusive Framework der OECD übernahm die EU in die Richtlinie vom 14.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung, die von den Mitgliedstaaten bis zum 31.12.2023 umzusetzen war. In Österreich erfolgte die Umsetzung durch das Mindestbesteuerungsgesetz.
In der Folge kam allerdings Widerstand aus den USA betreffend die ausländische Besteuerung der US-Gesellschaften, insbesondere durch die Sekundärergänzungssteuer (SES). In einem am 28.6.2025 veröffentlichten Agreement haben sich nunmehr die G7-Staaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Vereinigtes Königreich und USA) darauf verständigt, dass US-ansässige Konzerne weitgehend von den Regelungen der globalen Mindeststeuer ausgenommen werden sollen, weil sie bereits einer eigenständigen US-Mindestbesteuerung (GILTI-Regime der USA – „global intangible low taxed income“) unterliegen. Konzerne mit US-Muttergesellschaften sollen nunmehr in Bezug auf ihre inländischen und ausländischen Gewinne von der Sekundärergänzungssteuer (SES) sowie von der Primärergänzungssteuer (PES) ausgenommen sein, wenn sie dem bestehenden US-amerikanischen GILTI-Regime unterliegen. Man spricht hier von einer „Side by Side-Regelung“.
Die Umsetzung dieses Agreements bedarf nach Ansicht der Europäischen Kommission keiner Änderung der bestehenden EU-Mindestbesteuerungsrichtlinie. Auch in Österreich wird derzeit keine Änderung des Mindestbesteuerungsgesetzes für notwendig erachtet, weil das GILTI-Regime einer Primärergänzungssteuer (PES) gleichgehalten wird.